TERMINE     ·       BERICHTE     ·       04671/ 9050800

Postkasten-Projekt

Immer am Freitag ist die Aufregung groß. An unserer Schule kann man nämlich einen Postkasten "mieten", für eine Woche, einen ganz eigenen. .

Man schreibt dafür seinen Namen auf einen roten Zettel bei der Schulsozialarbeiterin Frau Kostic.
Nur für drei Wochen werden Reservierungen im Vorfeld angenommen. Der Reihe der Anmeldungen nach hat man spätestens nach drei Wochen den eigenen Postkasten und die ganze Schule darf wissen: "Du bist bereit, Post zu bekommen!"
Manch ein Kind raschelt am Kasten oder linst durch den Briefkastenschlitz, es ist aber auch spannend!
Kinder aus allen Klassen, Eltern, Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiter, unser Hausmeister, alle überlegen, wie sich der Postkasten über die Woche für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Postkasten-Projektes füllen könnte. Manch eine oder einer schreibt kurze Nachrichten, manche lange Briefe oder Gedichte. Manch eine oder einer malt, bastelt oder faltet. Auch eine Glücksfeder oder ein Radiergummi von Herzen fand sich schon in den Kästen, Ausmalbilder, kleine Sticker oder Gemälde.
Jeder kann teilnehmen. Sogar unsere Reinigungskräfte haben sich mal angemeldet. Was für eine gute Chance Menschen zu begegnen.
Worte, ob gesprochen oder geschrieben, gehen eben direkt ins Herz. Deshalb ist es so wichtig, gemeinsam zu üben, wie man gute Nachrichten von Sender an Empfänger weitergibt, nicht nur an ausgewählte Lieblings-Menschen, Leute, die man kennt und mag, sondern gerne für alle!
Eine wichtige Übung, nicht nur hinsichtlich des Alltagsgeschehen, auch hinsichtlich der Medienkompetenz unserer Schülerinnen und Schüler, die alsbald mit WhatsApp und Co konfrontiert sind. Auch hinsichtlich von Empathie-Förderung.
Bei unserem Postkasten-Projekt erhalten wöchentlich fünf Kinder im Schnitt 15 Briefe. Das bedeutet, dass es fünf x fünfzehn Situationen gibt, in denen sich Menschen mit dem Weitergeben fröhlicher, wohlwollender, netter Gedanken befassen.
Es macht nicht nur was mit den Empfängern, sondern auch mit den Absendern, schlussendlich mit dem Schulklima, denn Geben ist manchmal fast schöner, als Nehmen.
Und weil wir miteinander leben und lernen, wissen wir, dass es auch Briefe geben wird, früher oder später, die verletzen würden oder verstören, die verwundern könnten oder wehtun.
Unsere Schulsozialarbeiterin Irina Kostic unterzieht jeden Kasten einem diskreten, verschwiegenen Check vor Öffnung durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Beleidigungen werden entfernt, alles was missverständlich wirken könnte, wird aussortiert. Denn die Postkastenleerung ist ein großartiger Moment, verbindend über alle Klassenstufen, Rollen und Generationen hinweg, wohltuend und überraschend.

Irina Kostic, Januar 2025